Abgesagt! Tobias Staab
Trans Corporal Formations (UA)
Welche Auswirkungen die Covid-19-Pandemie auf den Umgang mit Körpern langfristig haben wird, das lässt sich erst erahnen. Berechtigte Furcht vor Ansteckung, generelle Angst vor Berührung, lebhafte Vorstellungen von invasiven Viren und Mutationen zeichnen sich jetzt schon ab.
Der Kurator, Dramaturg und Künstler Tobias Staab erarbeitete gemeinsam mit Tänzer*innen des Ballet of Difference die Videoinstallation Trans Corporal Formations, die sowohl Kontaktvermeidung als auch extreme Nähe thematisiert. Dabei geht Tobias Staab vor allem auf die Suche nach den transformativen Potenzialen des tanzenden Körpers. Im Durchlaufen unterschiedlicher Formen erscheint der tanzende Körper als Ort der Utopie, an dem sich die Differenz einer binär strukturierten Geschlechtlichkeit genauso auflöst wie die Grenzen zwischen Menschlichem und Nichtmenschlichem, zwischen analoger Wirklichkeit und virtueller Realität.
Die einzelnen Tänzer*innen erscheinen dabei isoliert voneinander in jeweils einem der fünf Screens. Gemeinschaft, Interaktion und Berührung sind nur im Digitalen möglich, das auf diese Weise zu einem essentiellen Teil der Choreografie wird. Die Klänge, die durch die Körper der Tänzer*innen erzeugt wurden, hat der Münchner Komponist Benedikt Brachtel aufgenommen und akustisch „vergrößert“, um sie zu einer „musikalischen Collage“ des Körpers zu arrangieren, wie Tobias Staab formuliert.
Das Konzept von Trans Corporal Formations entwickelte Tobias Staab in enger Zusammenarbeit mit der Bühnenbildnerin Nadja Sofie Eller. Die besondere Dimension der Körperlichkeit wurde durch die surrealen Kostüme der Kostümbildnerin Annika Lu Hermann erzeugt, die dann durch einen von dem Künstler Michael Saup entwickelten Algorithmus (Timewarp Choreography) noch im Digitalen verstärkt wurden. Die Kamera führte der Münchner Videokünstler Florian Schaumberger.
Als Spezialist für die Schnittstelle zwischen experimenteller elektronischer Musik, Tanz, installativen und performativen Künsten lanciert und kuratiert Tobias Staab zahlreiche Programme und Festivals (Ruhrtriennale, Ritournelle, Noise Signal Silence, Panta Rhei, Bauhaus Club 2.019: Hyper.Culture, Dive Festival für immersive Künste). Mit dem Choreografen Richard Siegal gründetet er 2016 die Tanzkompanie Ballet of Difference. Seit 2019 arbeitet er als Regisseur im Grenzgebiet zwischen Performance, Tanz und Film. Trans Corporal Formations ermöglicht das Eintauchen in audio-visuelle Darstellungen des tanzenden Körpers - transformiert durch Pixel und Glitches (kurzzeitige Störungen), hörbar gemacht in einem immersiven Sound-Space.